Kfz-Versicherer: Unbekanntes Gefahrenpotential für E-Scooter
Uwe Schmidt-Kasparek, VWheute, vom 6. September 2019
Mikromobilität und die Entwicklung von Telematik-Tarifen waren zentrale Themen der 10. K-Tagung, die der Rückversicherer Scor und Meyerthole Siems Kohlruss in Köln veranstaltete. Unterschiedlich wurde diskutiert, ob E-Scooter eine neue Mobilitätswende einläuten können. „Sie werden weder das Auto noch Fahrräder ersetzen“, glaubt Torsten Oletzky vom Institut für Versicherungswesen der Technischen Hochschule in Köln. Sie würden eher als ergänzende Verkehrsmittel für bestimmte Fußwege oder kurze Taxifahrten eingesetzt.
Noch keine Schadendaten
Stark engagiert ist die Signal-Iduna im Bereich der E-Scooter. Sie ist der Flottenversicherer des Anbieters Circ und an diesem über ihre Tochter Signals Venture Capital beteiligt. „Wir haben einige tausende Risiken versichert“, sagte der Signal-Iduna Kfz-Experte Marc Breiter. Für den Rollervermieter hat die Assekuranz einen Minutentarif für den Kfz-Haftpflichtschutz entwickelt. Einen Kaskoschutz gibt es derzeit noch nicht. Breiter: „Wir haben in der Kooperation mit Circ festgestellt, dass man deutlich flexibler reagieren muss.“
Die Signal-Iduna versichert Circ in zwölf Ländern und rechnet mit einem Boom bei der Mikromobilität. Erste Schadenerfahrungen gibt es bisher nur aus dem Ausland. Nähere Angaben machte die Signal Iduna aber nicht. „In Deutschland sammeln wir Erfahrungen und werden wohl erst im nächsten Jahr etwas zu den Schadenquoten sagen können“, so Breiter. Am Rande der Veranstaltung wurde das Schadenrisiko von E-Scooter negativ bewertet. So gibt es bereits vermehrt Unfälle unter Alkohol, der verbotenen Personenbeförderung und durch Roller, die als Hindernis mitten auf dem Weg abgestellt werden.
Vier Autoversicherer mit neuen Telematik-Angebot
Demgegenüber könnte die Telematik 2020 einen regelrechten Boom erleben. Dann will die Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) mit seinem Datenpool-Telematik an den Markt gehen. „Wir starten im nächsten Jahr mit mindestens vier Autoversicherern“, sagte MSK-Geschäftsführer Onnen Siems. Um allen Autoversicherern, auch kleineren Anbietern, einen Zugang zum Telematik-Markt zu bieten, hat MSK die Grundlagen für einen Telematik-Datenpool aufgebaut und entwickelt derzeit eine eigene App.
„Wir kombinieren die App mit einem Sensor, der im Auto an der Windschutzscheibe befestigt wird und seine Energie über Solarzellen bezieht“, erläuterte Siems. Der Sensor speichert die Fahrbewegung und übermittelt sie anonym an den Datenpool. Einen GPS-Sender gibt es aber nicht. Die App wird sich künftig automatisch mit dem Sensor verbinden, wenn der Autofahrer das Fahrzeug betritt. Eine ähnliche Technik hat die HUK-Coburg Versicherung AG Anfang 2019 auf den Markt gebracht. An einem MSK-Workshop Ende 2018 zum Telematik-Datenpool hatten rund 20 Autoversicherer teilgenommen.
Wettbewerb dürfte anziehen
Mit dem Start des MSK-Telematik-Datenpools würde neben HUK-Coburg und Allianz ein weiterer großer Anbieter den Markt der Pay-as-you-drive-Markt betreten. Der Wettbewerb könnte anziehen. „Auch innerhalb unserer Stakeholder gibt es weiterhin Wettbewerb“, erläuterte Siems. Hinter der einheitlichen App könnten die Assekuranzen die Risikoeinschätzung individuell vornehmen und so sehr unterschiedliche Tarife anbieten. Der Datenschutz ist laut MSK in vollem Umfang in die App integriert. Grundsätzlich müssten Telematik-Tarife immer vollkommen „safe“ sein, um am Markt zu bestehen.
Nach Einschätzung von Experte Oletzky wird das Potential von Telematik in Deutschland immer noch unterschätzt. „Wer hier als Versicherer weiter an der Seitenauslinie steht, verhält sich falsch“, sagte Oletzky. Auch wenn der Erfolg nicht sofort eintreten würde, sollten sich mehr Autoversicherungen mit Telematik beschäftigen. Wichtig sei es auch, dass Versicherer flexibler mit Startups kooperieren. „Lernen Sie von den Digital Natives, sie erreichen immer mehr junge Menschen“, so Oletzky. Einen Patentschutz für Kundenansprache gäbe es nicht. Als Beispiele für eine gelungene Kundenansprache nannte Oletzky die Versicherer Nexible, Friday oder Coya.